CrossFit mit Diabetes

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Probleme, Chancen und Ergebnisse

Christian stemmt die 60 Kilo-Hantel über Kopf, der Schweiß rinnt ihm von der Stirn herab, noch ein mal, noch zwei mal und noch ein drittes mal drückt er das Eisen in die Hochstrecke – der Satz ist vorbei, gleich geht´s zum Workout: Thruster und Burpees. Ganz seelenruhig geht Christian zu seiner Tasche nimmt einen Schluck Apfelschorle und überprüft seinen Blutzuckerwert – alles in Ordnung – dann kann es los gehen! Christian hat Diabetes. Doch was ist das noch einmal genau für eine Krankheit? Wie beeinträchtigt sie den Alltag und im speziellen das Training? Hilft CrossFit besser damit umzugehen?

 

Diabetes – oder auch umgangssprachlich häufig Zuckerkrankheit genannt – ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, die sich allgemein in zwei Typen einteilen lässt. Dabei handelt es sich um eine Störung des Zuckerstoffwechsels, welche zu einer Überzuckerung des Blutes führt, bedingt durch einen Insulinmangel oder eine Insulinresistenz. Bei Diabetes vom Typ-1 handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung bei der das körpereigne Immunsystem die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse zerstört. Infolgedessen kommt es zu einem Substratmangel in den Zellen, einem Blutzuckeranstieg, sowie Wasser- und Nährstoffverlust. Bei Diabetes vom Typ-2 produziert der Körper zwar Insulin, jedoch kommt davon nicht genügend in den Zellmembranen an, da die Körperzellen den Zucker nicht verwerten und nicht aus dem Blut aufnehmen können. Der Typ-2 wurde früher auch oft Altersdiabetes genannt, tritt aber heute auch schon oft bei Kindern auf. Neben einer falschen Ernährungsweise ist dafür auch ein allgemeiner Bewegungsmangel hauptsächlich verantwortlich. Das Risiko diese Form von Diabetes zu entwickeln und Folgeschäden zu erleiden kann durch körperliches Training stark verringert werden (Sigal et al. 2004).

Am Bewegungsmangel kann es bei Christian nicht gelegen haben – der 1,90m Hüne spielte jahrelang Football in der ersten Mannschaft der Potsdam Royals, bevor er zum CrossFit kam. Doch wie kam es zu der Diagnose? Anfang 2016 verlor Christian ohne eine Diät innerhalb kürzester Zeit 15 Kg. Im Skiurlaub fühlte er sich dann zunehmend abgeschlagen, müde und extrem durstig, schob dies aber zunächst auf die ungewohnte Belastung und die Höhenluft. Wieder Zuhause stellte sich jedoch keine Verbesserung ein, weshalb Christian einen Arzt aufsuchte. Ein Bluttest ergab bei ihm einen Blutzuckerwert von 22 mmol (normal sind zwischen 5,5-6,5mmol; ab 25 mmol fallen die ersten Menschen bereits in´s Koma)! Die daraus folgende Diagnose lautete: Diabetes. Aufgrund seines extrem hohen Wertes kam Christian sofort in die Notaufnahme und danach erst einmal auf Station, um zu testen ob er an Diabetes vom Typ 1 oder 2 leidet. Innerhalb von 5 Tagen stand dann fest: Christian hat Diabetes vom Typ 1. Dadurch war klar, dass auch keine Heilung durch eine Ernährungsumstellung, Bewegung und Medikamente möglich ist. In Christians Fall führte ein Virusangriff auf die Bauchspeicheldrüse zu der Autoimmunkrankheit – er hatte also keine Chance zu reagieren. Was ein Schicksalsschlag! Wir haben mit Christian gesprochen, wie er mit der Krankheit umgeht und was sich seit dem getan hat – aber lest selbst:

Hey Christian! Was waren deine ersten Gedanken/Gefühle, als klar war, dass du an Diabetes leidest?
Mein erster Gedanke war: Scheiße, was kann ich jetzt alles nicht mehr machen? Nie wieder  Sport?! Welche Auswirkungen hat die Krankheit auf meinen Alltag? Zugleich dachte ich mir aber auch – jetzt erst recht! Von dieser Krankheit lass ich mich nicht kleinkriegen! Alles in allem war es ein absolutes Wechselbad der Gefühle. Meine Horrorvorstellung war es damals auch mich künftig selber spritzen zu müssen.

Und wie muss man sich nun deinen Alltag heute vorstellen? Was hat sich geändert?

Ich muss permanent mein Blutzuckermessegerät, meine Notfallspritzen und Traubenzucker parat haben. Vor jeder Mahlzeit muss ich messen und rechnen. Im Allgemeinen muss der ganze Alltag berechnet werden. Was esse ich wann? Was mache ich wann? Selbst einfachste Aktivitäten, wie den Hausputz muss ich in meiner Planung berücksichtigen.

Wow, was für eine riesen Herausforderung! Wie großartig du sie meisterst sehen wir Woche für Woche in der Box! Welche Rolle spielt der Sport für dich und deine Krankheit?

Eine große Rolle! Je mehr Sport man treibt mit Diabetes vom Typ 1, desto geringer ist der Insulinwert, da der Fettstoffwechsel sich verbessert, welcher das Insulin hemmt. Aber: Sport ist leider nicht mehr einfach so spontan möglich und bedarf immer einer  Vorab-Planung! Eine Stunde vorher muss ich die Insulinzufuhr runterfahren, und ggf. vorher noch langkettige Kohlenhydrate zuführen.

Welche Probleme oder Herausforderungen ergeben sich dadurch für dich beim CrossFit? Wenn meine Werte zu hoch oder zu niedrig sind, muss ich manchmal leider kurzfristig absagen. Allerdings steigt der Blutzuckerspiegel durch die vielen Kraftübungen eher, als das er abfällt. Bei ausdauerlastigen Stunden muss ich darauf achten, schnellen Zucker parat zu haben. Meist greife ich dabei auf Traubenzucker und Apfelschorle zurück. In den zwei Jahren seit meiner Diagnose musste ich erst zwei mal ein Workout abbrechen. Mit CrossFit habe ich ja auch erst angefangen, als feststand, dass ich zuckerkrank bin. Ich wollte nicht akzeptieren keinen Sport mehr machen zu können und abhängig zu sein von irgendwelchen Spritzen.

Respekt! Was für starke Worte! Wie sieht es seit dem mit der Entwicklung deiner Werte aus?

Bei regelmäßigem Training ist für mich eine deutliche Verbesserung spürbar – nicht nur leistungstechnisch. Vor allem der Nachbrenneffekt ist für mich im Alltag deutlich spürbar. Bei 2-3 Trainingseinheiten in der Woche ist mein Insulinbedarf deutlich geringer. Eine große Schwierigkeit besteht noch darin meine Ernährung richtig einzustellen, aber auch daran arbeite ich jetzt gemeinsam mit Daniel intensiver.

Das klingt super Christian! Wir ziehen jeden Hut vor dir den wir haben und wünschen dir viel Erfolg bei deiner Arbeit mit Daniel! Hast du noch ein paar letzte Worte, die du loswerden möchtest?

Danke! Es geht beim CrossFit um jeden Einzelnen. Den Sport für sich, Spaß an der Bewegung und nicht immer um den Vergleich. Allen anderen Diabetikern kann ich nur mitgeben, lasst euch nicht von der Krankheit einschränken!

 

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